Vegetarismus: Gesundheitliche und ernährungsphysiologische Aspekte vegetarischer Ernährung

Vegetarismus: Gesundheitliche und ernährungsphysiologische Aspekte vegetarischer Ernährung
Vegetarismus: Gesundheitliche und ernährungsphysiologische Aspekte vegetarischer Ernährung
 
Entgegen der Etymologie des Wortes »Vegetarier« ernährt sich nicht jeder Vegetarier nur von pflanzlichen Lebensmitteln. Je nachdem, ob ein Vegetarier außer Fleisch auch Eier und Milch meidet oder nicht, handelt es sich um einen Veganer als reinen Vegetarier oder um einen Ovo-Lacto-Vegetarier; auch Zwischen- und Sonderformen kommen vor. Die Wahl einer der Formen des Vegetarismus ist durch die Motive bestimmt, die ein Vegetarier für seine Entscheidung zum Vegetarismus hat. Für Vegetarier in westlichen Industrieländern kommen vor allem gesundheitliche und ethische, ferner sozioökonomische, -politische und ökologische Motive in Betracht.
 
Drei wissenschaftliche Untersuchungen, die in den 1980er-Jahren in Deutschland zum Verhältnis von Vegetarismus und Gesundheit durchgeführt wurden, haben ergeben, dass Vegetarier in der Regel gesünder leben als Menschen mit hohem Fleischkonsum. Sie leiden vor allem weniger an ernährungsbedingten Krankheiten wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Arterienverkalkung und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie an bestimmten Krebsarten wie Darmkrebs.
 
Eine abwechslungsreiche vegetarische Nahrung versorgt den Körper in der Regel ausreichend mit allen Grundnährstoffen (Kohlenhydrate, Fette und Proteine) und weitaus besser mit den meisten lebensnotwendigen Vitalstoffen (vor allem Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) als die übliche Mischkost. Die pflanzliche Kost zeichnet sich besonders dadurch aus, dass sie allein gesundheitsfördernde Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Eine vegane, also rein pflanzliche Ernährungsform erfordert allerdings eine sorgfältige Auswahl und Zusammenstellung der Nahrungsmittel, damit die Zufuhr aller lebenswichtigen Nährstoffe gesichert ist.
 
 Formen und Motive des Vegetarismus
 
Der Ausdruck »Vegetarier« bedeutet eigentlich »jemand, der sich von pflanzlicher Kost ernährt«; er ist im 20. Jahrhundert durch Verkürzung aus der älteren Form »Vegetarianer« hervorgegangen, die im 19. Jahrhundert aus dem gleichbedeutenden englischen Substantiv »vegetarian« entlehnt wurde. Das zugrunde liegende englische Adjektiv »vegetable« bedeutet nämlich »pflanzlich«; es geht seinerseits zurück auf das lateinische Adjektiv »vegetabilis« (»belebend«), das vom Verb »vegetare« abgeleitet ist. Allerdings ist die eigentliche Bedeutung des Ausdrucks »Vegetarier« zu eingeschränkt: Längst nicht alle Vegetarier nämlich ernähren sich ausschließlich von pflanzlicher Kost; für die strengen Vegetarier, die dies tun, hat sich der Ausdruck »Veganer« eingebürgert.
 
Allen Formen des Vegetarismus ist das Meiden von Fleisch, Fisch und den daraus hergestellten Produkten gemeinsam. Es werden drei Hauptformen des Vegetarismus unterschieden, die nach ihren Vertretern benannt werden: die Ovo-Lacto-Vegetarier, die außer pflanzlicher Kost auch Eier, Milch und deren Produkte verzehren (lateinisch »ovo« bedeutet »mit Ei«, »lacto« »mit Milch«); die Lacto-Vegetarier, die zusätzlich nur Milch und Milchprodukte verzehren; schließlich die strikten Vegetarier oder eben Veganer, die ausschließlich pflanzliche Nahrung verzehren und in der Regel sogar alle Produkte tierischer Herkunft (z. B. Kleidung aus Leder) meiden. Die Ovo-Lacto-Vegetarier machen die Hauptgruppe der Vegetarier aus, der Anteil der Lacto-Vegetarier beträgt etwa 30 %, der der Veganer unter 10 %. Kleine Sondergruppen bilden die Ovo-Vegetarier, die zusätzlich Eier verzehren, aber Milch meiden, und die Rohköstler, die ausschließlich rohe, unerhitzte Nahrung (meist rein pflanzlicher Herkunft) verzehren.
 
Während die meisten Vegetarier sich bewusst gesund ernähren und die verbreiteten Grundfehler der Ernährung (zu viel, zu fett, zu süß, zu salzig) vermeiden, gibt es auch manche Vegetarier, die nur auf Fleisch und Fisch verzichten, sich sonst aber eher ungesund und bevorzugt von energiereichen, aber vitalstoffarmen Fertigprodukten (besonders Süßigkeiten und stark fetthaltigen Nahrungsmitteln wie Schokolade und Pommes frites) ernähren; sie werden deshalb auch als »Pudding-« oder »Junkfoodvegetarier« bezeichnet.
 
Für die Entscheidung zum Vegetarismus als fleischlose Ernährungsform gibt es verschiedene Motive: Bei den gesundheitlichen Motiven geht es vor allem darum, sich vollwertig zu ernähren und den Körper möglichst gut mit lebensnotwendigen Vitalstoffen zu versorgen, ferner die Entstehung von Übergewicht und ernährungsbedingten Krankheiten durch den Verzehr tierischer Lebensmittel sowie die Aufnahme von Schadstoffen, Krankheitserregern und Arzneimittelrückständen in tierischen Lebensmitteln zu vermeiden. Ethischen Motiven liegt meist die Anerkennung des Lebensrechtes und der Leidensfähigkeit der Tiere zugrunde mit der Konsequenz, die Schlachtung oder auch Züchtung und Haltung von Tieren zum Zweck der Ernährung, insbesondere die Massentierhaltung und Tiertransporte als Massentierquälerei abzulehnen. Außerdem spielen sozioökonomische, -politische und ökologische Motive eine Rolle, die meist miteinander verknüpft sind. So wird die Fleisch- oder auch Eier- und Milchproduktion wegen der Verschwendung von Nahrungsmitteln und Energie durch »Veredelungsverluste« abgelehnt; wegen des Ungleichgewichts von hohem Fleischkonsum in den Industrieländern und Hungersnot in Entwicklungsländern, was durch die Futtermittelimporte aus Entwicklungsländern verschärft wird; wegen der Umweltschäden zumal durch Massentierhaltung wie Überdüngung und Übersäuerung der Böden und Gewässer durch das Ausbringen von Gülle, Mitverursachung der Klimaveränderung durch Methanemissionen aus Rinderhaltung und des Waldsterbens durch Ammoniakemissionen aus Viehhaltung, Förderung von Monokulturen zur Futterproduktion, Rodung des Regenwaldes zur Erschließung von Futteranbau- oder Weideflächen. Religiöse Motive, die etwa in buddhistischen Kulturen vorherrschen, sind unter den Vegetariern in westlichen Industrieländern (etwa 3 Millionen in Deutschland, 10 Millionen in Europa und 20 Millionen in den USA) selten ausschlaggebend.
 
 Vegetarismus und Gesundheit
 
Drei wissenschaftliche Untersuchungen, die in den 1980er-Jahren vom Bundesgesundheitsamt Berlin, der Universität Gießen und dem Krebsforschungszentrum Heidelberg zum Verhältnis von Vegetarismus und Gesundheit durchgeführt wurden, kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass eine vegetarische Ernährung der Gesundheit förderlich ist: Vegetarier haben in der Regel ein niedrigeres Körpergewicht, günstigere Blutwerte, leiden deutlich weniger an ernährungsbedingten Krankheiten als durchschnittliche Mischköstler und haben daher eine längere Lebenserwartung. Die Aussagekraft der Untersuchungen ist allerdings insofern eingeschränkt, als Vegetarier meist allgemein ein höheres Gesundheits- und Körperbewusstsein haben als der Durchschnitt der Bevölkerung: Etwa 90 % der Vegetarier in Deutschland trinken selten oder nie Alkohol, weniger als 10 % rauchen und über 80 % treiben regelmäßig Sport. Es lässt sich deshalb nicht eindeutig unterscheiden, inwieweit die den Vegetariern bescheinigten günstigeren Werte allein auf das Ernährungsverhalten oder allgemein auf die gesündere Lebensweise zurückzuführen sind.
 
Dass Vegetarier nur selten von Übergewicht betroffen sind, liegt nicht zuletzt daran, dass die pflanzliche Nahrung dank ihres Ballaststoffgehalts einen hohen Sättigungswert besitzt: Viele Ballaststoffe verlangen langes und starkes Kauen, im Magen quellen sie und vergrößern dadurch das Volumen des Speisebreis. Deshalb tritt bei pflanzlicher Nahrung das Sättigungsgefühl früher ein als bei ballaststoffarmer Mischkost und es wird weniger Nahrungsenergie aufgenommen. Außerdem wird die pflanzliche Nahrung aufgrund der Ballaststoffe im Darm langsamer abgebaut, weshalb die Sättigung länger anhält.
 
Dass Vegetarier nur selten an Bluthochdruck leiden (2 % gegenüber 15 % der Gesamtbevölkerung), liegt nicht nur daran, dass sie die Risikofaktoren Alkoholkonsum, Rauchen und Übergewicht meiden, sondern auch daran, dass die pflanzliche Nahrung wenig Kochsalz und viel Kalium enthält: Während eine zu hohe Zufuhr von Natrium in Form von Kochsalz (Natriumchlorid) zu Bluthochdruck führen kann, kann Kalium den Blutdruck senken. Überdies tragen manche der mehrfach ungesättigten Fettsäuren zur Blutdrucksenkung bei; und die meisten pflanzlichen Fette (vor allem Distel-, Soja- und Sonnenblumenöl) haben einen erheblich höheren Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren als tierische Fette.
 
Vegetarier haben in der Regel günstigere Blutfettwerte und besonders einen niedrigeren LDL-Cholesterinspiegel, was für die Entstehung der Arteriosklerose bedeutsam ist. Cholesterin ist eine lebenswichtige Substanz, die vor allem als Baustoff von Körperzellen und Gallensäuren benötigt wird. Ob das Cholesterin im Blut für die Gesundheit schädlich oder nützlich ist, hängt davon ab, mit welchen Lipoproteinen als Transportstoffen es zusammen auftritt: Die LDL-Form (Low Density Lipoprotein) dient der Versorgung der Körperzellen mit Cholesterin, führt aber bei Überschuss von Lipiden (Fetten und fettähnlichen Substanzen wie vor allem Cholesterin) zu deren Ablagerung an den Gefäßwänden. Die HDL-Form (High Density Lipoprotein) dagegen befördert überschüssige Lipide zur Leber, wo das Cholesterin in Gallensäuren umgewandelt wird. Dass Vegetarier einen niedrigeren Cholesterinspiegel haben als Mischköstler, liegt allerdings weniger daran, dass sie weniger oder keine cholesterinreichen tierischen Nahrungsmittel (vor allem Fleisch, Wurst und Eier) verzehren, als daran, dass gesättigte Fettsäuren, die in tierischen Fetten überwiegen, den LDL-Cholesterinspiegel erhöhen, während mehrfach ungesättigte Fettsäuren ihn senken können. Ferner trägt der hohe Ballaststoffgehalt pflanzlicher Nahrung dazu bei, den Cholesterinspiegel zu senken: Wasserlösliche Ballaststoffe binden einen Teil der Gallensäuren im Darm, sodass sie mit ausgeschieden werden, anstatt vom Körper wieder aufgenommen zu werden; die zur Fettverdauung benötigten Gallensäuren müssen deshalb aus Cholesterin verstärkt neu gebildet werden, wodurch der Cholesterinspiegel um bis zu 15 % sinkt. Schließlich sind verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe daran beteiligt, den Cholesterinspiegel niedrig zu halten.
 
Da Vegetarier auch von anderen Risikofaktoren der Arteriosklerose wie Rauchen, Bluthochdruck und Übergewicht weniger betroffen sind und die Arteriosklerose andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen (vor allem Herzkranzgefäßkrankheiten und Herzinfarkt) verursacht, leiden sie an diesen insgesamt deutlich weniger; so beträgt das Risiko eines Herzinfarkts bei Vegetariern nur etwa 5 % der Durchschnittsrate. Da die Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Industrieländern wie Deutschland die Hauptursache der Todesfälle bilden (in Deutschland über 50 %), haben Vegetarier eine höhere Lebenserwartung als die Durchschnittsbevölkerung.
 
Zudem leiden Vegetarier weniger an bestimmten Krebserkrankungen (vor allem Dickdarm-, Magen- und Brustkrebs; unter 10 % der Durchschnittsrate). Zum einen meiden sie Risikofaktoren wie übermäßigen Fettverzehr (für Dickdarmkrebs), Krebs erregende Schadstoffe in tierischen Lebensmitteln (vor allem Nitrosamine, die schon in geringsten Mengen etwa Magenkrebs erzeugen können und in den größtenteils mit Nitrit gepökelten Fleisch- und Wurstwaren enthalten sind, sowie Benzpyrene und andere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die beim Grillen oder Braten von Fleisch entstehen können) und Übergewicht (für Brustkrebs bei Frauen nach den Wechseljahren). Zum anderen nehmen Vegetarier mit der pflanzlichen Nahrung vermehrt Vitalstoffe (Vitamine und Minerale) und insbesondere sekundäre Pflanzenstoffe zu sich, die teilweise vor Krebs schützen, indem sie das Immunsystem stärken und besonders gegen Krebs erregende Stoffe wirken. So wirken die Indole in Kohlarten (vor allem Brokkoli, Rosen- und Weißkohl), die Flavonoide in den Schalen vieler Gemüse- und Obstsorten, die Sulfide in Zwiebeln, die Saponine in Hülsenfrüchten und die Phenolsäuren in fast allen Pflanzen bei schonender Zubereitung der Nahrung krebshemmend; durch Erhitzen der Nahrung verlieren viele dieser Stoffe ihre Wirkung. Die Ballaststoffe schützen besonders vor Dickdarmkrebs, indem sie Krebs erregende Stoffe im Darm binden und eine funktionsfähige Darmschleimhaut begünstigen. Außerdem beugen Milchsäurebakterien im Joghurt oder im Sauerkraut der Krebsentstehung vor.
 
Vorteilhaft wirkt sich der Vegetarismus auch bei weiteren ernährungsbedingten Krankheiten aus, wie bei Diabetes mellitus, Gicht, Karies, Osteoporose, Rheuma und verschiedenen Krankheiten der Verdauungsorgane. Ausschlaggebend ist dabei der hohe Gehalt an lebenswichtigen Vitalstoffen, besonders an ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen, sowie an gesundheitsfördernden Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen, die beide allein in pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommen.
 
 Nähr- und Vitalstoffe bei vegetarischer Ernährung
 
Eine abwechslungsreiche vegetarische Nahrung mit hohem pflanzlichen Anteil versorgt den Körper in der Regel ausreichend mit allen Grundnährstoffen (Kohlenhydrate, Fette und Proteine) und weitaus besser mit den meisten lebensnotwendigen Vitalstoffen (vor allem Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente) als die durchschnittliche Mischkost. Die pflanzliche Kost zeichnet sich besonders dadurch aus, dass sie allein gesundheitsfördernde Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthält. Die vegane, also rein pflanzliche Ernährungsform erfordert allerdings eine sorgfältige Zusammenstellung der Nahrung, damit die Zufuhr aller lebenswichtigen Nährstoffe gesichert ist; dies kann bei einigen Vitaminen und Mineralstoffen schwierig sein.
 
Die meisten Kohlenhydrate stammen aus pflanzlichen Lebensmitteln, da Fleisch nahezu keine, Eier und Milch nur wenig Kohlenhydrate (knapp 1 beziehungsweise 5 %) enthalten. Den höchsten Kohlenhydratgehalt der natürlichen Lebensmittel haben Getreide (50—80 %) und Hülsenfrüchte (30—70 %); es folgen Kartoffeln, Nüsse, Obst und Gemüse. Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Nüsse und Gemüse enthalten hauptsächlich Stärke als komplexes Kohlenhydrat, das aus Einfachzuckern als Grundbausteinen zusammengesetzt ist. Alle verwertbaren komplexen Kohlenhydrate müssen zu Einfachzuckern abgebaut werden, da nur diese im Darm aufgenommen werden und so dem Körper Energie zuführen können. Niedermolekulare Kohlenhydrate (Einfachzucker wie Frucht- und Traubenzucker sowie Zweifachzucker wie der gewöhnliche Haushaltszucker) liefern deshalb zwar schnell, aber nur kurzfristig Energie; es entsteht bald wieder ein Hungergefühl. Komplexe Kohlenhydrate dagegen sättigen besser und spenden gleichmäßiger Energie.
 
Viele industriell produzierte, denaturierte Lebensmittel (vor allem Zucker, Süßwaren und aus Auszugsmehlen hergestellte Backwaren) enthalten größtenteils »leere« Kohlenhydrate, die nur Energie liefern, aber wenig lebenswichtige Vitamine und Mineralstoffe. Naturbelassene, vollwertige pflanzliche Nahrungsmittel (vor allem Getreide und Vollkornprodukte, Trockenfrüchte, Hülsenfrüchte und Kartoffeln) dagegen führen dem Körper mit ihren komplexen Kohlenhydraten außer Energie auch viele Vital- und Ballaststoffe zu; Letzteres gilt auch für Obst, obwohl es teilweise größere Mengen an niedermolekularen Kohlenhydraten enthält. Es wird empfohlen, mindestens 55 % des Gesamtenergiebedarfs durch Kohlenhydrate zu decken, wobei das Verhältnis von nieder- zu hochmolekularen Kohlenhydraten etwa eins zu zwei betragen sollte. Dies ist nur mit überwiegend pflanzlicher Kost zu erreichen. Dabei sollten Vollkornprodukte vorgezogen und naturbelassene Süßmittel (wie Honig, Ahornsirup und Zuckerrohrsaft) sparsam verwendet werden.
 
Während Ovo-Lacto-Vegetarier mit Eiern und Milchprodukten (vor allem Butter, Sahne und Käse) sich oft mehr als die empfohlene Tagesmenge von etwa 70 g Fett zuführen, nähern sich Veganer mit dem ausschließlichen Verzehr pflanzlicher Fette (vor allem Speiseöle und Nüsse) diesem Wert meist an. Für die gesundheitliche Wirkung der Fette ist allerdings ihr Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren ausschlaggebend, da der Körper einige dieser lebenswichtigen Fettsäuren (vor allem Linol- und Linolensäure) nicht selbst herstellen kann, während er die übrigen aus Linolsäure bilden kann. Im Gegensatz zu tierischen Fetten enthalten die meisten pflanzlichen Fette (vor allem Distel-, Sonnenblumen-, Maiskeim- und Sojaöl) vorwiegend mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Da die mehrfach ungesättigten Fettsäuren hitze-, licht- und sauerstoffempfindlich sind, ist bei der Verwendung hochwertiger pflanzlicher Öle darauf zu achten, sie nicht zu stark zu erhitzen, kühl und dunkel aufzubewahren und sie zusammen mit Antioxidanzien (vor allem Vitamine C und E) aufzunehmen. Da einfach ungesättigte Fettsäuren unempfindlicher sind, ist besonders zum Erhitzen die Verwendung von Olivenöl ratsam, das etwa 70—90 % davon enthält.
 
Entgegen einem hartnäckigen Vorurteil kann der tägliche Bedarf an Protein von etwa 1 g pro kg Körpergewicht mit vegetarischer Nahrung leicht und sogar mit rein pflanzlicher Kost bei sorgfältiger Zusammenstellung ohne weiteres gedeckt werden. Der Wert des Proteins hängt von seinem Gehalt an Aminosäuren ab. Von den 20 Aminosäuren, die der Körper als Baustoffe benötigt, kann er 12 selbst bilden, die restlichen 8 müssen ihm mit der Nahrung zugeführt werden. Je mehr dieser essenziellen Aminosäuren ein Nahrungsprotein enthält und je mehr ihr Verhältnis dem des Körperproteins gleicht, umso höher ist seine Wertigkeit. Zwar liefern tierische Nahrungsmittel in der Regel besonders hochwertiges Protein, während die meisten pflanzlichen Nahrungsmittel nicht alle und weniger der essenziellen Aminosäuren zu bieten haben. Aber auch mit rein pflanzlichen Nahrungsmitteln lässt sich der Proteinbedarf decken, wenn man die Nahrungsmittel so kombiniert, dass sich die darin enthaltenen Aminosäuren ergänzen. Besonders hochwertige Proteinkombinationen ergeben etwa Hülsenfrüchte und Getreide, Samen oder Nüsse; hochwertiges Protein mit allen essenziellen Aminosäuren enthält die Sojabohne, sodass sich in der richtigen Kombination sogar eine höhere Wertigkeit als mit tierischen Lebensmitteln allein erzielen lässt.
 
Ovo-Lacto-Vegetarier sind mit den meisten Vitaminen bestens versorgt, da Getreide bezeihungsweise Vollkornprodukte, Gemüse und Obst wie Milch und Milchprodukte hervorragende Vitaminquellen darstellen. Für Veganer ist die Versorgung mit einigen Vitaminen schwierig, die ausschließlich oder hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln vorkommen; aber auch mit einer rein pflanzlichen Nahrung lassen sich Mangelerscheinungen vermeiden, wenn man sorgfältig auf die Zufuhr der entsprechenden Vitamine achtet.
 
Vitamin B12 wird nur in geringen Mengen benötigt (Tagesbedarf 3 μg) und über Jahre hinweg im Körper gespeichert. In pflanzlichen Lebensmitteln kommt es nur in geringsten Mengen vor, insbesondere in fermentierten Produkten wie Sauerkraut. Zwar werden einige pflanzliche Produkte mit angeblich hohem Vitamin-B12-Gehalt angeboten, nämlich Hefeprodukte sowie Algen- und Pilzarten, die dem Vitamin B12 ähnliche Stoffe enthalten, jedoch handelt es sich dabei meist um für den Stoffwechsel unwirksame Formen des Vitamins B12. Eher zu empfehlen sind mit Vitamin B12 angereicherte Produkte wie Getreideflocken oder Sojamilch.
 
Vitamin D ist in pflanzlicher Nahrung nicht enthalten, Vorstufen finden sich aber unter anderem in Kohlarten und Weizenkeimöl. Der Körper kann Vitamin D in der Haut durch die Einwirkung von ultravioletter Strahlung des Sonnenlichts bilden. Deshalb ist es besonders für Veganer ratsam, sich genügend unter freiem Himmel zu bewegen.
 
Bei vielen Mineralstoffen und Spurenelementen ist eine vegetarische Ernährung vorteilhaft gegenüber der durchschnittlichen Mischkost. So liefert sie etwa wenig Natrium, aber viel Kalium (in Milch, Getreide und Vollkornprodukten, Gemüse, Obst und Nüssen), was dem verbreiteten Bluthochdruck entgegenwirkt; ferner viel Magnesium (in Getreide und Vollkornprodukten, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Nüssen). Der Bedarf an denjenigen Mineralstoffen, die oft auch durch eine Mischkost unzureichend zugeführt werden, lässt sich mit ovo-lacto-vegetarischer leichter als mit veganer Nahrung decken.
 
Calcium ist hauptsächlich in Milch und Milchprodukten enthalten, sodass Ovo-Lacto-Vegetarier reichlich damit versorgt sind (Tagesbedarf 800—1 200 mg). Mit Getreide, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten nehmen Veganer zwar nur geringe Mengen Calcium zu sich, leiden aber trotzdem selten an Mangelerscheinungen. Überdies ist auch eine erhöhte Zufuhr von Calcium schädlich; sie führt zu Kalkablagerungen im Gewebe und in den Nieren und behindert die Eisen- und Zinkaufnahme.
 
Obwohl eine Mangelversorgung des Spurenelements Eisen (Tagesbedarf 10—15 mg) auch bei Fleischessern verbreitet ist, wird den pflanzlichen Lebensmitteln ein zu geringer Eisengehalt zugeschrieben. Dabei enthalten außer Fleisch auch Getreide, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und grünes Gemüse genügend Eisen. Allerdings wird Eisen aus pflanzlicher Nahrung vom Körper schlechter aufgenommen (nur etwa zu 3—8 %) als Eisen aus tierischer Nahrung (zu etwa 20 %). Überdies kommen in manchen Gemüsesorten Stoffe vor, die die Eisenaufnahme beeinträchtigen, wie Oxalsäure besonders in Spinat, Mangold und Rhabarber; die gleiche Wirkung haben Gerbstoffe im schwarzen Tee und ein Übermaß der Mineralstoffe Calcium und Phosphat. [Deshalb ist übrigens gerade Spinat trotz seines Eisengehalts kein günstiger Eisenspender.] Jedoch leiden Vegetarier in der Regel trotzdem nicht häufiger an Eisenmangel als Mischköstler. Dies liegt daran, dass der Körper seine Eisenaufnahme dem Bedarf anpassen kann (bis auf etwa 40 %) und dass Vitamin C die Eisenaufnahme erhöhen kann (bis auf das Siebenfache). Deshalb empfiehlt es sich, auf eine reichliche Zufuhr von Vitamin C zu achten; geeignete Lebensmittel sind besonders Zitrusfrüchte, Sanddorn und schwarze Johannisbeeren sowie Brokkoli, Fenchel, Paprika und Rosenkohl. Eisenpräparate sind in der Regel nur bei erhöhtem Bedarf wie nach größeren Blutverlusten erforderlich. Ein zu hoher Eisenspiegel ist sogar nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen eher gesundheitsschädlich als ein leicht erniedrigter, da zu viel Eisen die Entstehung von freien Radikalen begünstigt, die im Körper Gewebe und Zellen zerstören können.
 
Vegetarisch leben. Müssen wir unsere Eßgewohnheiten ändern?
 
 
Bernd Höcker: Vegetarier-Handbuch. Praktisches und Besinnliches für frischgebackene Vegetarier/innen. Hamburg 1995.
 Helma Danner: Jetzt werde ich Vegetarier! Der einfache Weg zu einem gesünderen Leben ohne Fleisch. München 21998.

Universal-Lexikon. 2012.

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